Donnerstag, 28. Mai 2015

ESC war gestern, heutzutage ist fv open mic angesagt!



Der Eurovision Song Contest ist vorbei, somit ist ganz Wien wieder im farce-vivendi-open-mic-Fieber. Und während der ESC nun nach Schweden weiterwandert, bleibt das fv open mic auch in Hinkunft Wien treu (auch wenn es seine Tätigkeit auf das ganze Universum ausstreckt).

Auch diesmal konnten wir wieder eine Quadratzahl an Auftretenden begrüßen, alle neune nämlich. Doch den Anfang machte als Eisbrecher ANDI PIANKA, der zum Jahrestag seiner Ankunft in Wien einen Text zu eben diesem Thema las. Der Südbahnhof („Treffen wir uns beim Löwen!“) kam ebenso vor wie die Gumpendorfer Strabe oder die nicht mehr existierende U2-Station Lerchenfelder Straße mitsamt einem dort geschossenem Selfie aus dem Jahre 2003.

GEORG HARLEKIN triptychierte in guter, alter Tradition. Sein erstes Gedicht („Sommerregen“) handelte von Erinnerungen an sein früheres Malen (der Geruch von Ölfarben, eine Flasche Wein danach etc.). Im zweiten Gedicht ging es um den Moment als Baustein der Zeit: Sperrstund ist’s für Katastrophenmeldungen. Und zum Schluss die Überraschung: Das letzte Gedicht stammte aus..............
...................dem soeben erschienenen ersten Buch des Autors. Wir gratulieren!

MARLIES THUSWALD nahm nach eigener Zählung zum zehnten Mal an einem fv open mic teil (was mit der Statistik des Autors dieser Zeilen auch übereinstimmt) und setzte zu diesem Jubiläum zu einem „Highscore“ an, wodurch im „Tetris-Nirvana“ ein neues Level erreicht wurde. Es folgte der Traum eines Quadrats („Ich bin ein eckiger Kreis“) über Asymetrien als Disharmonien, als dritter Text dann eine Fata Morgana to go („Die Wüstenfrau schenkt mir ein Lied gegen den Durst“) und schließlich ein Worteflüstern („Grazil entfaltest du vor mir die Welt als Origami-Spiel“).

DOKTOR RAFAEL (der bei uns auch schon unter anderen Namen aufgetreten ist) hielt ein Referat über Schimpfgeburten („Raviatis rhetoris natalis“), also Individuen, die chronisch schimpfen. Er erwähnte prä- und postnatale Sozialisationskriterien und brachte das Fallbeispiel von Heinz, 32 (Name geändert), den ein interdisziplinäres Team (Neurologe, Neurotiker, Psychologe, Tanzlehrer) behandelt. Und die WHO ist nicht mit der Band „The Who“ zu verwechseln. Seinen Vortrag hielt er übrigens als Dauerschleifen-Experiment, dessen Ende durch das (vom Auftretenden nicht ungewollte) Einschreiten des Moderationsduos besiegelt wurde.

MANUEL RAMOS MARTÍNEZ (auch nicht das erste Mal bei uns) brachte drei spanische Gedichte, zu denen MELAMAR die deutschen Übersetzungen las. Im ersten („Sueños“) ging es um Träume, die neue Träume gebären. Das zweite („Escala cósmica“) handelte von seiner Heimat Chile, dortigen Geisterstädten, verwunschenen Tälern („Wo die Kinder Erde kosten, als wär’s Kandiszucker“) und Schiffssirenen, welche die Stadt wecken. Das dritte Gedicht war eine Aufforderung zum Schreiben: Schreibt Verse auf die Blätter der Bäume, denn die gefangenen Verse sind eine Qual!

WOLF MORRISON kam (so wie meistens) in Begleitung eines Musikinstrumentes auf die Bühne, diesmal war es eine Gitarre. Beide Lieder handelten von der Liebe zu einem „Du“. Im ersten war das Du grantig und sudernd, obwohl ihr das Ich die Welt zu Füßen legt. Da hätte das Ich gleich in einem Kloster meditieren können. Das zweite Lied („Paradies“) beschrieb einen kurzen Augenblick des Glücks in einer langen und verregneten Nacht in einem im Grunde sonst ziemlich miesen Leben. Nach diesem Auftritt ging es dann in die Pause...

...nach welcher dann MELAMAR (deren neue Texte aus den zwei Kategorien „zu privat“ und „nicht fertig“ bestehen) mit einem älteren Text die zweite Hälfte des Abends einleitete. „Schaltet die Zikaden stumm“, erschienen in einer dfw-Anthologie, handelt von Europa und diversen Geräuschen: Technoparties ohne Techno, Hunde- und Wolfsgebell oder dem Gesang der Nachtigall in Dolby Surround. Freiheit und Gleichheit – was du auch willst, sei dir gegeben. Die zärtlichkeitsbedürftige Raubkatze nennt mich einen schrägen Vogel. Das ist Europa.

THOMAS MAYER las ebenfalls bereits (in seinen beiden Büchern) veröffentlichte Texte, nämlich zwei Liebesgeschichten. Die erste geht nicht gut aus: Die Doris wollte von ihrem Freund mehr Romantik, doch dieser kaufte ihr erst Blumensamen statt eines Blumenstraußes, dann einen Hasen, damit sie aus ihm Hasenbraten macht, und schließlich ein Kleid in Übergröße. Die zweite Geschichte geht hingegen gut aus. Als sich der Skinhead David beim Versuch, ein Asylantenheim niederzubrennen, in Fatima verliebte, war der Stolz auf das Vaterland wie weggeweht.

MAX WULLY, erstmals beim fv open mic dabei, freute sich, im Unterschied zu Poetry Slams einen Freund auf die Bühne mitbringen zu dürfen, nämlich einen Waschbären, für den er keinen Babysitter fand und mit dem er bauchredend auf der Bühne über Literatur diskutierte: Du mit deiner After-Poesie! Scheiß auf Goethe! Genug mit Busch! Da durfte auch die Bürgschaft nicht fehlen: Was wolltest du mit der Bratwurst, sprich! Dem folgte noch ein ernsterer Text über die Münder dieser Welt, von denen manche Schnitzel und andere Schläge bekommen.

MIKE HOFER musste zuerst schauen, ob seine Gitarre „noch stimmt“, dann legte er mit einem Lied los, welches ihm vor zwei Tagen eingefallen war. Es ging um die Freude am Trinken und am Rauchen, das man aber selten allein versuchen sollte, weil allein saufen depressiv macht und allein kiffen deppert. Dem folgte ein zweites Lied („a schene Nummer von an Freind, a guater Gitarrist“) darüber, dass es wichtig ist, dass man lebt, und über das alleine unterwegs sein.

THOMAS war der letzte Auftretende des Abends. In seinem Text setzte er sich mit der soeben stattgefundenen ÖH-Wahl auseinander. Die Wahlkabine erinnerte ihn an eine Herbergstoilette. In der Wahlwerbung ging alles nur um anti- (außer antialkoholisch). Das Motto „eat the rich“ taugte ihm nicht, denn die Reichen wollte er nicht essen – lieber einen Apfel, die sind wenigstens alle Transgender. Bei diesem Wahlfang fühlte er sich an einen Walfang erinnert. Noch egaler war ihm da nur noch der schwedische Sieg beim Song Contest.

Womit wir nicht nur beim Ende der Veranstaltung, sondern auch wieder beim Song Contest angelangt wären. Der nächste findet wohl im Mai 2016 statt, das nächste fv open mic hingegen viel früher, nämlich schon am 16. Juni 2015. Es wird das letzte des heurigen Schuljahres bzw. vor der Sommerpause sein.  

Mittwoch, 13. Mai 2015

26.mai: fv open mic - douze points


Achtung, wichtige Durchsage/Erinnerung: Das 53. farce vivendi open mic findet nicht wie üblich am 3. Dienstag des Monats, sondern ausnahmsweise(!) erst am 26.5.2015 (welcher der 4. Dienstag ist) statt!

(In den Akten des farce-vivendi-Ministeriums finden sich zu diesem Thema folgende ungeschwärzte Zeilen:
"merci, chérie, als r(e)isender phoenix werdet ihr hier nicht nur besungen, nein, hier werdet ihr vor allem auch belesen! hier geratet ihr nicht als puppet on a string in ein waterloo von nur einem bißchen frieden als molitva an die welt, nein, ach, take me to your heaven, in der nocturne von your eyes seid ihr rock’n’roll kids mit eurem hard rock hallelujah nämlich the voice im secret garden! somit: fly on the wings of love – ob als diva oder als satellite! denn only teardrops und euphoria ergänzen sich zu einem größeren ganzen und tanzen. oder singen und lesen. und das natürlich nicht zeitgleich zum ersten song-contest-semifinale (was ja als dritter dienstag des monats unser eigentlicher termin wäre), sondern ausnahmsweise um eine woche in eine viel interessantere parallelwelt als spektakel im spektakel zeitversetzt.")