Am 24.Mai fand das FARCE VIVENDI
OPEN MIC zum insgesamt 62. Mal und zum nunmehr zweiten Mal an
seinem neuen Veranstaltungsort, dem Cafe Benno, statt. War der
Besucherandrang beim vorigen Mal noch eher unterdurchschnittlich
gewesen, so fanden diesmal (zumindest bis zur Pause) einige Leute
nicht einmal mehr einen freien Sitzplatz vor. Scheint, als ob sich
unsere neue Location mittlerweile herumgesprochen hätte :-) Wir
hatten diesmal übrigens nicht nur im Publikum, sondern auch unter
den Auftretenden einen recht hohen Anteil an
fv-Open-Mic-DebütantInnen (45,4545454545%, um so halbwegs genau zu
sein). Moderiert wurde der Abend wieder einmal von MELAMAR und
ANDI PIANKA.
Letzterer durfte (nach dem üblichen
Münzwurf) sogleich als Eisbrecher #1 drankommen. ANDI PIANKAs
Text handelte v.a. von Wiener Straßennamen, die er in Verbindung mit
lebenden PolitikerInnen gleichen Namens brachte. Und schlug vor, die
Weinmanngasse im 22.Bezirk als Hommage an den am gleichen Tag
abgetretenen Wiener Bürgermeister zur "Spritzweinmanngasse"
umzubenennen.
Danach ging es sogleich in medias res.
Zum ersten Mal mit dabei war PHIPPS, der in seinem
kabarettistisch gehaltenen Beitrag eine Geschichte aus seinem alten
Tagebuch erzählte. Bei der Befundbesprechung mit seiner Internistin
habe diese gemeint, er wäre ein aus medizinischer(!) Sicht "heißer
Typ".
Bei FELICIAN U. NOWOTNEY,
ebenfalls erstmalig bei uns auftretend, wurde es dann lyrisch. In
sieben Texten - hauptsächlich Gedichte, davon ein englischsprachiges
- ging es viel um die Liebe in all ihren Facetten, nebenbei auch noch
um die Grenzen der Welt, ein Gestöhne mit Hugo-Boss-Bezug u.v.a.m.
THOMAS HINTERHOFER, schon öfters
beim fv Open Mic aufgetreten, führte uns in seinem "fröhlichen"
Text in die Wiener U-Bahn, in der erst ein Baby zu schreien beginnt,
danach er selbst und schließlich alle anderen, während der Fahrer
zweisprachig meint: "Next Stop: Rathaus" und "Go away
now!"
PUSZTA COWBOY, wie sich Angyal
Gyula nun auf heimischen Bühnen nennt, wurde philosophisch und
forderte vom Publikum den Refrain "filozófos" ein (eine
Anspielung auf das ungarische Wort "filozófus"). Der Text
selber handelte u.a. von "philosophischem Bullshit",
Diogenes, Alfa Romeo und Douglas Adams.
ANJA kam für ihren allerersten
Auftritt überhaupt auf einer Bühne extra aus Graz(!) angereist.
Welch große Ehre für uns! In ihrem Text sitzt sie mit Sonnenbrille
und offenem Haar am Wörthersee. Es geht um Gedanken über die Liebe.
Denn erst hat sie Ja gesagt, aber dann folgen Streit & Co.
GERHARD, das sechste Mal bei
unserem Open Mic dabei (und ebenfalls von außerhalb Wiens
angereist), entschied sich aus diesem Anlass - passend zur Zahl -
sich ebenfalls mit der Liebe zu befassen. Seine vier Gedichte in
denen u.a. eine Gewitterwanderung und ein rothaariges Mädchen
vorkamen, waren teils froh, teils traurig gestimmt.
MARLIES THUSWALD, keine
Unbekannte auf unseren Bühnen, hat ein neues Buch: Es heißt
"Echofarn" und enthält neben Text auch Bilder und eine CD.
Aus diesem las sie auch. Tote Blätter raschelten voraus, es ging
viel um Natur und ein Kind, das mit ihr interagiert. Und "Ich
bin das Echo der Stadt."
Hernach ward Pause.
Als Eisbrecherin #2 war MELAMAR zu hören, die drei Auszüge aus einem noch unfertigen Text, welcher eventuellerweise ein Roman (mit dem Arbeitstitel
"Kryptogen oder Malika und die heilige Krankheit") werden könnte. Ein wesentliches Thema darin war Epilepsie, die manche Menschen als Teufelsbesessenheit betrachte(te)n, andere wiederum als Schamanentum. Und Medikamente, welche den Geist lähmen.
KLAUS SINOWATZ war der vierte fv-Open-Mic-Debütant des Abends. Sein literarisches Schaffen ist vor allem in der experimentellen Lyrik daheim. So las er ca. ein Dutzend kurzer Gedichte, die sich thematisch u.a. um Schillers faule Äpfel, eine Apothekerin, einen fetten Salamander oder eine übermorgige Ventilation drehten.
STEFAN PETER ist ein bereits langjähriger Stammgast bei uns. Im einzigen Musikbeitrag des Abends erinnerte er in seinem ersten Lied an Mike Hofer (bei uns mehrmals aufgetreten), der letztes Jahr verstorben ist. Es folgte ein vertontes Gedicht für eine Frau und endete mit dem Cover eines weltberühmtem Songs ("We shall overcome").
GEORG HARLEKIN ist ebenfalls ein jahrelanger Wegbegleiter des fv Open Mic. Bald kommt sein zweites Buch heraus. Sechs neue Texte waren von ihm (trotz etwas angeschlagener Gesundheit) zu hören, die mit "obskur" anfingen und u.a. einen Anruf der Demokratie, eine These oder auch abschließend ein "Time will tell" beinhalteten.
Last, but not least die letzte
Debütantin unserer Veranstaltungsreihe, nämlich MOOSKÜKEN.
Ein solches zog sie sogleich aus ihrer Hose und erzählte, auf einem
mitgebrachten Sessel sitzend, eine tragische Liebesgeschichte, in der
u.a. rote Zehennägelknospen vorkamen und der Nagellack
Nektargeschmack hatte.
Dieses war also der 62. Streich, doch
der nächste folgt sogleich (nämlich in der Tat sogleich). Es wird
eine Art "Special" sein. Wer erraten möchte, womit diese
Special Edition zu tun haben könnte (Auflösung folgt in den
nächsten paar Tagen), dem/der sei als kleiner Tipp folgendes Gedicht
des Autors dieser Zeilen aus dem Jahre 2013 zur Rätsellösung
vielleicht hilfreich ;-)
SÜDLICH DES
COSTA-RICA-KANALS
„Der
wegen der Enthüllung von Geheimdienstaktivitäten von der US-Justiz
gesuchte Computerexperte Snowden (30) will politisches Asyl in
Ecuador. Sein Antrag werde aber noch geprüft, hieß es in Caracas.“
(aus dem orf-teletext, 24.6.2013)
wenn du
in ecuador
nach caracas suchst
in bolivien
nach montevideo
oder nach lima
in paraguay
so wirst du
auch in brasilien
buenos aires
ganz gewiss
nicht finden
selbst dann nicht
wenn der karneval
von bogota
mal ausnahmsweise
nicht in chile
stattfindet
Alle Fotos von Georg Harlekin