Donnerstag, 24. Mai 2018

Next Stop Rathaus filozófos: Echofarn meets Moosküken

Am 24.Mai fand das FARCE VIVENDI OPEN MIC zum insgesamt 62. Mal und zum nunmehr zweiten Mal an seinem neuen Veranstaltungsort, dem Cafe Benno, statt. War der Besucherandrang beim vorigen Mal noch eher unterdurchschnittlich gewesen, so fanden diesmal (zumindest bis zur Pause) einige Leute nicht einmal mehr einen freien Sitzplatz vor. Scheint, als ob sich unsere neue Location mittlerweile herumgesprochen hätte :-) Wir hatten diesmal übrigens nicht nur im Publikum, sondern auch unter den Auftretenden einen recht hohen Anteil an fv-Open-Mic-DebütantInnen (45,4545454545%, um so halbwegs genau zu sein). Moderiert wurde der Abend wieder einmal von MELAMAR und ANDI PIANKA.

Letzterer durfte (nach dem üblichen Münzwurf) sogleich als Eisbrecher #1 drankommen. ANDI PIANKAs Text handelte v.a. von Wiener Straßennamen, die er in Verbindung mit lebenden PolitikerInnen gleichen Namens brachte. Und schlug vor, die Weinmanngasse im 22.Bezirk als Hommage an den am gleichen Tag abgetretenen Wiener Bürgermeister zur "Spritzweinmanngasse" umzubenennen.

Danach ging es sogleich in medias res. Zum ersten Mal mit dabei war PHIPPS, der in seinem kabarettistisch gehaltenen Beitrag eine Geschichte aus seinem alten Tagebuch erzählte. Bei der Befundbesprechung mit seiner Internistin habe diese gemeint, er wäre ein aus medizinischer(!) Sicht "heißer Typ".

Bei FELICIAN U. NOWOTNEY, ebenfalls erstmalig bei uns auftretend, wurde es dann lyrisch. In sieben Texten - hauptsächlich Gedichte, davon ein englischsprachiges - ging es viel um die Liebe in all ihren Facetten, nebenbei auch noch um die Grenzen der Welt, ein Gestöhne mit Hugo-Boss-Bezug u.v.a.m.

THOMAS HINTERHOFER, schon öfters beim fv Open Mic aufgetreten, führte uns in seinem "fröhlichen" Text in die Wiener U-Bahn, in der erst ein Baby zu schreien beginnt, danach er selbst und schließlich alle anderen, während der Fahrer zweisprachig meint: "Next Stop: Rathaus" und "Go away now!"

PUSZTA COWBOY, wie sich Angyal Gyula nun auf heimischen Bühnen nennt, wurde philosophisch und forderte vom Publikum den Refrain "filozófos" ein (eine Anspielung auf das ungarische Wort "filozófus"). Der Text selber handelte u.a. von "philosophischem Bullshit", Diogenes, Alfa Romeo und Douglas Adams.

ANJA kam für ihren allerersten Auftritt überhaupt auf einer Bühne extra aus Graz(!) angereist. Welch große Ehre für uns! In ihrem Text sitzt sie mit Sonnenbrille und offenem Haar am Wörthersee. Es geht um Gedanken über die Liebe. Denn erst hat sie Ja gesagt, aber dann folgen Streit & Co.

GERHARD, das sechste Mal bei unserem Open Mic dabei (und ebenfalls von außerhalb Wiens angereist), entschied sich aus diesem Anlass - passend zur Zahl - sich ebenfalls mit der Liebe zu befassen. Seine vier Gedichte in denen u.a. eine Gewitterwanderung und ein rothaariges Mädchen vorkamen, waren teils froh, teils traurig gestimmt.

MARLIES THUSWALD, keine Unbekannte auf unseren Bühnen, hat ein neues Buch: Es heißt "Echofarn" und enthält neben Text auch Bilder und eine CD. Aus diesem las sie auch. Tote Blätter raschelten voraus, es ging viel um Natur und ein Kind, das mit ihr interagiert. Und "Ich bin das Echo der Stadt."

Hernach ward Pause.


Als Eisbrecherin #2 war MELAMAR zu hören, die drei Auszüge aus einem noch unfertigen Text, welcher eventuellerweise ein Roman (mit dem Arbeitstitel
"Kryptogen oder Malika und die heilige Krankheit") werden könnte. Ein wesentliches Thema darin war Epilepsie, die manche Menschen als Teufelsbesessenheit betrachte(te)n, andere wiederum als Schamanentum. Und Medikamente, welche den Geist lähmen.


 

KLAUS SINOWATZ war der vierte fv-Open-Mic-Debütant des Abends. Sein literarisches Schaffen ist vor allem in der experimentellen Lyrik daheim. So las er ca. ein Dutzend kurzer Gedichte, die sich thematisch u.a. um Schillers faule Äpfel, eine Apothekerin, einen fetten Salamander oder eine übermorgige Ventilation drehten.





STEFAN PETER ist ein bereits langjähriger Stammgast bei uns. Im einzigen Musikbeitrag des Abends erinnerte er in seinem ersten Lied an Mike Hofer (bei uns mehrmals aufgetreten), der letztes Jahr verstorben ist. Es folgte ein vertontes Gedicht für eine Frau und endete mit dem Cover eines weltberühmtem Songs ("We shall overcome").






GEORG HARLEKIN ist ebenfalls ein jahrelanger Wegbegleiter des fv Open Mic. Bald kommt sein zweites Buch heraus. Sechs neue Texte waren von ihm (trotz etwas angeschlagener Gesundheit) zu hören, die mit "obskur" anfingen und u.a. einen Anruf der Demokratie, eine These oder auch abschließend ein "Time will tell" beinhalteten.

Last, but not least die letzte Debütantin unserer Veranstaltungsreihe, nämlich MOOSKÜKEN. Ein solches zog sie sogleich aus ihrer Hose und erzählte, auf einem mitgebrachten Sessel sitzend, eine tragische Liebesgeschichte, in der u.a. rote Zehennägelknospen vorkamen und der Nagellack Nektargeschmack hatte.


Dieses war also der 62. Streich, doch der nächste folgt sogleich (nämlich in der Tat sogleich). Es wird eine Art "Special" sein. Wer erraten möchte, womit diese Special Edition zu tun haben könnte (Auflösung folgt in den nächsten paar Tagen), dem/der sei als kleiner Tipp folgendes Gedicht des Autors dieser Zeilen aus dem Jahre 2013 zur Rätsellösung vielleicht hilfreich ;-)



SÜDLICH DES COSTA-RICA-KANALS

Der wegen der Enthüllung von Geheimdienstaktivitäten von der US-Justiz gesuchte Computerexperte Snowden (30) will politisches Asyl in Ecuador. Sein Antrag werde aber noch geprüft, hieß es in Caracas.“
(aus dem orf-teletext, 24.6.2013)


wenn du
in ecuador
nach caracas suchst
in bolivien
nach montevideo
oder nach lima
in paraguay
so wirst du
auch in brasilien
buenos aires
ganz gewiss
nicht finden
selbst dann nicht
wenn der karneval
von bogota
mal ausnahmsweise
nicht in chile
stattfindet

Alle Fotos von Georg Harlekin