Donnerstag, 14. Februar 2019

Ein Valentinstag mit drachischen Tapiren, Steinböcken und Lamas

Das 66. farce vivendi Open Mic fand eher rein zufällig am Valentinstag statt, aber gerade das führte zu einer bunten thematischen Vielfalt der Beiträge. Interessanterweise kamen dabei öfters auch Tiere vor. Der Keller des Cafe Benno war jedenfalls bummvoll – und auch die Zahl der auftretenden Acts war mit 19 (bzw. mit den beiden EisbrecherInnen gar 21) die dritthöchste der langjährigen fv-Open-Mic-Geschichte. Durch den Abend führten wieder einmal melamar und Andi Pianka.

Die traditionelle Losmünze war diesmal – passend zum Tag – eine dänische 2-Kronen-Münze, auf der auf beiden Seiten jeweils zwei Herzerl eingraviert sind ;-) Sie meinte, ANDI PIANKA solle beginnen, was dieser dann mit dem absurd-dadaistischen Text „Als ich eine Kuh war“ tat.

Startnummer 1 hatte REINHARD (erstmals bei uns mit dabei), welcher nach Verzehr von 4 kg Zitronen ganz ohne Fieberlampe, dafür mit Gitarre, zwei Liebeslieder sang und (mit Publikums-Interaktion) summte.

Ihm folgte THOMAS MAYER PHANTASÖNLICH mit einem berührenden Erinnerungstext an eine vor über zehn Jahren tödlich verunglückte Freundin, deren Geheimnis er nie ergründen konnte.

HEIDI WIMMER war eher für den ValenTIERstag, wobei ihr Text dann allerdings von der Liebe zu einem (grauen) Haus handelte. Es kam zu einem Flug durch Raum und Sumpf.

RITA, auch eine fv-Open-Mic-Debütantin, ist Song-Schamanin. Ihr Krafttier war der von ihr berittene Drache. So sang sie nicht nur auf Deutsch, sondern einen Teil des Liedes auf Drachisch.

WOLFGANG E. EIGENSINN brachte drei Texte. Vom Wechselwinter ging es über eine Punkgöttin bis hin zu des Künstlers zweifelhaftem Schicksal. Ein weiterer Text war unauffindbar.

PHILIP stand das allerste Mal überhaupt auf einer Bühne, was ihm überhaupt nicht anzumerken war. Sein Text „Stoppschild“ war eine gesellschaftskritische Abrechnung mit der Welt der Konzerne.

CHRISTIAN „SCHREIBI“ SCHREIBMÜLLER („Ich schau so aus, als hätte es mich schon immer gegeben“) kam mit einem Text, der mit Gasherden und Innenministern anfing, um danach viel sexueller zu werden.

THOMAS HINTERHOFERs Geschichte „Der Steinbock“ machte, wie er sagte, keinen Sinn. Ein Steinbock wird vom Gejagten zum Jäger des Jägers. Eine Leiche unter Eichen.

Die erste Hälfte beendete MARLIES THUSWALD mit Kürzesttexten – u.a. mögliche Antworten auf die „Wie geht's?“-Frage oder auch zwei Mini-Dramen mit Lama und Beziehungen.

Und nun war es an der Zeit für die wohlverdiente Pause.

MELAMAR sorgte als Eisbrecherin #2 für den Wiederbeginn. Ihr Roman „Bukuríe“ ist soeben im Verlag Wortreich erschienen. Sie las zwei Ausschnitte, darunter einen mit Bezug zum Kosovo-Krieg.

GEORG HARLEKIN überraschte mit einem englischsprachigen Gedicht, das teilweise binär gehalten war. In den anderen (deutschsprachigen) Gedichten ging es u.a. um Würfel, Musik und Demokratie.

MONA, eine weitere fv-Open-Mic-Debütantin, erinnerte in ihrem – erst am Nachmittag entstandenen – Lied an den Flugpionier Otto Lilienthal bzw. die damit verbundenen Träume ihrer Kindheit.

RÉKA war in ihren Texten nicht einmal ein Tapir. Sie wollte auch keine Hühnerkeule, sondern lieber Menschenfleisch. Auch eine Friseuse kam vor. Und politisch („Geht's noch?“) wurde es auch.

PETER.W. hatte zufälligerweise auch einen Tapir-Text. Es folgte „In front of here“. Und in seiner „Hanuschplatz“-Kolumne suchte er nach dem Unterschied zwischen leuchten und glühen. Ein weiteres fv-Debüt.

Bei MICHAELA HINTERLEITNER wurde in ihrer Prosa viel sabotiert. Ob das Frau Ottilie mit ihrem Fuchsschwanz war oder der Anwalt, der sich immer auf gewisse (Gratis-)Zeitungen draufsetzt, um sie zu besetzen.

WOLFGANG GLECHNER las den Dialog zum Tag, nämlich „Valentinstag“: Ein Mann kommt in eine Blumenhandlung, um ein Geschenk für seine Braut zu kaufen. Und ist verwundert, wieso es dort nur Blumen gibt.

TIPHAN kam mit zwei Gedichten, wovon das erste den Titel „Eh fost gleich“ trug und das andere auf Dialekt und gesellschaftskritisch die Unterschiede zwischen den einen und den anderen festmachte.

ALICE REICHMANN schreibt und spricht sehr gerne mehrstimmig, so auch diesmal. Querschnitt Wien – ein seltsames Spiel. Boy meets girl. Zum Valentinstag ging es allerdings um das Erlernen von Selbstbeziehung.

JOPA JOTAKIN gähnte und gähnte und gähnte (mit einem Loch im Kopf und einem Röntgähnblick). Nicht so das Publikum, welches trotz später Stunde immer noch aufmerksam und begeistert seinem Beitrag lauschte.

Den Abend beendete dann STEFAN PETER, welcher auf sein 15 Jahre altes Kinderlied „Mahlzeit“ eine (auf jüngsten autobiographischen Erlebnissen basierende) ganz frische Fortsetzung folgen ließ: „Lass die Zähne los“

Ein feiner, langer Abend ging damit zu Ende. Die beiden ModeratorInnen machten auch mehrere Male auf die jüngst erschienene farce-vivendi-Anthologie aufmerksam, welche sowohl bei uns als auch z.B. in der Buchhandlung OrtnerBücher käuflich erworben werden kann. Immerhin (mitsamt der beiden EisbrecherInnen) gleich 13 in der Anthologie vertretenen AutorInnen waren bei diesem Open Mic auf der Bühne zu erleben. Womöglich ein Rekord für die Ewigkeit. Oder womöglich auch nicht – wer weiß? ;-)

Nächste Termine gibt es auch:

- Für alle Kurzentschlossenen, die diesen Bericht noch rechtzeitig lesen: Am Mo, 18.2., 19h beehrt melamar mit ihrer Buchpräsentation den(?)/die(?)/das(?) *) Thalia in der Mariahilfer Straße:

*) Bezüglich des diesbezüglich zutreffendsten Artikels scheint es einige Auffassungsunterschiede zu geben ;-)

- Das nächste farce vivendi Open Mic findet am Mi, 8.Mai wieder im Cafe Benno statt.