Das erste farce vivendi open mic des Jahres 2014
startete de iure zur neuen, früheren Beginnzeit 20:00, de facto allerdings, da
sich diese noch nicht überall herumgesprochen hatte und die auftretenden/zuschauenden Menschen erst mit der Zeit ein- und zuströmten, doch etwas
später (allerdings immer noch früher als zu der alten de-iure-Beginnzeit, die
von nun an nicht mehr erwähnt und in Vergessenheit geraten soll – das nächste
Mal werden sich dann ja hoffentlich alle an die neue gewöhnt haben....). Gut
Dinge braucht Weile – und in diesem Fall hat es sich ausgezahlt: Dieses fv open
mic wurde zu einem der sowohl an Auftretenden als auch an Publikümern
bestbesuchtesten der jüngeren Neuzeit (das bestbesuchte seit in etwa dem Jahre 1793).
Die Münze ist ein magisches, von den Pharaonen verhextes
Objekt. Sie fällt (auch wenn sie diesmal ausnahmsweise nicht von ihm selber
mitgebracht wurde) immer auf genau die Seite, die ANDI PIANKA nicht
will. So mußte dieser arme Co-Moderator zum wohl mittlerweile 999. Male den
ersten Eisbrecher spielen. Er tat es mit einem Medley aus seinen Texten, mit
dem er schon vor einigen Jahren etwa bei einer Veranstaltung der "jungen
literaturwerkstatt wien" im Literaturhaus, beim ersten Scheibbser Poetry Slam
oder bei der Internationalen Slam-Revue in Berlin (hinter dem Link verbirgt sich der youtube-Link zu jenem Auftritt von Andi Pianka mit jenem Text ;-)) aufgetreten war, und erklärte
damit die Bühne für eröffnet.
Erstmalig beim nun eröffneten fv open mic dabei und gleich
als erste (Andi Pianka war ja der nullte) auftreten durfte JONO. Sie
sang zwei kritische/nachdenkliche Lieder. Zuerst über den falschen „Hausverstand“,
der immer daran erinnert, nicht auf’s Konsumieren zu vergessen. Denn: „Konsum
macht dich glücklich, Konsum gibt dir Kraft“. So viel Genuß darf doch noch
sein. Das zweite Lied beinhaltete ein nicht ganz jugendfreies, aber in dem Fall
durchaus nicht unangebrachtes Vokabular („Ich find dich scheiße (...) Fuck
you!“). Wie fühlt es sich an, wenn mensch stets weiß, was wie wo geht und was
mensch so liket? Das ist nicht g’sund, ich will hier aussteigen. Sozialer
Zwang. Will hier raus und bin raus. Ein gewisses „soziales“ Netzwerk war
gemeint (erste Silbe fängt mit f an, zweite mit b, mehr sei an dieser Stelle
nicht verraten – Anmerkung des Autors dieser Zeilen).
Der zweite Auftretende wird vom Autor dieser Zeilen sehr
wohl verraten – es war einer unserer mittlerweiligen fv-open-mic-„Stammmenschen“
(und zusätzlich auch bekennender Stammleser dieses unseres Blogs hier), nämlich
GEORG HARLEKIN, der seine Drei-Gedichte-Tradition auch diesmal wieder
fortsetzte. Liebe möchte atmen, kommen, gehen, dich sehen, mit dir schlafen,
wachen... Und noch vieles mehr. Liebe liebt einfach Musik. Liebe gibt mit Liebe
Liebe. Im zweiten Gedicht ging es um Mandelhonig, Olivenöl und deinen rötlichen
Erdbeermund. Welcher Geist ist es denn? IM abschließenden Text hat er alles
bereits gefunden, nur noch nicht den Götterfunken. Das Reine. Pure Liebe
Götterfunken. Wozu das alles? A stupid game?
Numero drei in diesem ganz unstupiden Game war dann ARTURO
UI (letztes Mal nannte er sich noch anders, aber das war einmal vor langer,
langer Zeit – vielleicht gar noch unter Bertolt Brecht...?). Er fühlt sich von
Mike (zu ihm kommen wir dann später) inspiriert. Er sieht die Welt als ein
männlich dominiertes System. Die Männer kämpfen um dies und das. Das einzige
aber, worauf sich alle Männer einigen können, ist die Liebe zum Busen. Deswegen
sang er das Busenlied: Da wird gleich der Papst („Hätt ich zwei Busen, wär ich
kein Papst mehr“) zum Busenbussibär. Da stehen Tungusen, Awaren oder Tataren
auf lauter Busen. Und die Langobarden-Frauen waren sowieso kolossal verbust. Da
wird man mal schon zum Professor für vergleichende Busologie. Der zweite Song
war nicht von ihm, aber das ist beim fv open mic durchaus erlaubt. Es war „Space Oddity“ von David Bowie.
Dann kam zwar nicht David Bowie, aber immerhin JOPA
mit einem Dramolett, in dem der Schaum mit Hut („Idna“) und die Prinzessin
(„Apoj“) die Hauptrollen spielten und der...ähm...tja, sehr viele Anspielungen
auf Texte des Autors dieser Zeilen enthielt. Bsssssssssss? Ich suche das Hotel
zum kleinen Schaum, ich habe dort nämlich ein Zimmer im 13. Stock gebucht. Es
folgten so manche Zitate aus Liedern von Element of Crime. Die Hauptperson aus
Godwin’s Law kam auch vor, wurde allerdings von Idna unter dem Dank der
Menschheit mehrmals getötet. Die Wurstkarte war wurst, die Pizzakarte war
bizarr. Und die Würgerkarte? Julian wollte einen Witz erzählen, El Awadalla
pinkelte einem Polizisten ans Bein, Senffaß und Faß mit Russen warteten auf
Godot bzw. Franzobel. Passant mit Hund sackerlte ein Gackerl, Passant mit Bart
rasierte sich („Schreibi: Ich habe einen Bart“) und Bebraham drehte sich einen
Ofen. Ich wollte einen Riot ohne Bussi machen, stattdessen machte ich einen
Slam ohne Bimi. Riot Bus Bim Slam Anker Pi. burt pri ank za woll pi bla hau lt
bld prm z z.
Auf burt pri ank za woll pi bla hau lt bld prm z z folgte
nun der schon seit den alten Werk-Tagen des fv open mic nicht mehr mit dabei
gewesene SAMUEL. Er brachte ein doppeltes italienisches Sonett über den
Hot Dog zum besten. Am Würstelstand: Hunger brach mir den Verstand. Senf und
Ketchup zum Ersaufen. Das Publikum bekam noch viele weitere Details zu diesem
mißglückten Hot-Dog-Kauf an einem Würstelstand in Wien (den der Autor des
Textes auch konkret erwähnte, aber vom Autor dieser Zeilen unerwähnt belassen wird)
zu hören. Die Tragödie fand in der Straßenbahn ihren ultimativen Höhepunkt:
„Der Senf tropfte auf meine weißen Schuh“. Und die Moral von der Geschicht’: Kaufe
bei dem Würschtler nicht.
Es ging nun schon Richtung Pause, aber davor trat noch ein
weiterer nicht Würschtler, sondern „Stammmensch“ des fv open mic samt
Requisit/Instrument (bei uns ja im Unterschied zu Poetry Slams erlaubt) auf. Es
handelt sich um WOLF MORRISON und (wie so meist) seine Gitarre. In einem
ersten Lied meinte er: „Tua ma bitte ned weh und halt mi ned am Schmäh“ (der
der Dialektschreibung ziemlich unkundige Autor dieser Zeilen schreibt das mal
so auf). „Bist grantig? Da kann i nichts dafür“. Das zweite Lied handelte von
einer Person namens Julia: „Du bist wia a Sonnenstrahl an a Regentag“ bzw.
„Wann du lachst, dann lacht die ganze Welt“. Einige Passagen dieses Liedes gab
es dann auch in englischer Fassung.
Und dann ward PAUSE - abgesehen von einem kleinen Ständchen kurz davor (da hatte offenbar irgendwer Geburtstag an dem Tag...),
aber das ist eine andere Geschichte...
So, das Eisbrechertum ging nach der Pause mit der zuvor von
Tutanchamun münzbeglückten fv-open-mic-Erfinderin/-Gründerin MELAMAR
weiter. Ein kleiner Wurm im Elfenbeinturm machte sich Gedanken, die sich in
Reime fassen lassen. Tourette-Synrom? Ich bin nicht dumm. Rosamunde studiert
Altertumskunde, Sigismund liebt die blinde Gerlinde und Raimund mit seinem
Hirtenhund beim Schäferstündchen...womöglich mit Amanda auf der Veranda. Bob
hingegen ist mehr wie Hiob. Und überhaupt erst ein urbaner Marokkaner. Der
schenkt ihr reinen Reim ein – anachronistisch reimfetischistisch.
Auf das zweite Eisbrechertum folgte die zweite Hälfte, die durchaus
reine Reime (und keine Schäferstündchen, sondern vollste Aufmerksamkeit beim
Publikum) bot und die mit MIKE begann. Er meinte, die Musik als Frequenz
wäre unterschätzt. Sie hätte eine positive Beeinflussung und „wir hätten eine
Riesengaudi“, wenn Musik die Rolle von G20-Gipfeln und ähnlichem übernehmen
würde. Er begann mit einer neuen/besseren Version des Liedes, das er letztes
Mal dargeboten hatte, wo es um „laws and orders“, den „sick planet“, aber eben
doch positiverweise um „feeling, harmony, good songs“ ging. Um love &
peace. Dem folgte ein (Mutmaßung des Autors dieser Zeilen) spontanes(?) Lied
über sein Ego, das ihn immer wieder stört.
Die nächste Autorin gibt ihren Egos viele Namen, diesmal
trat sie als MICHAELA ERLE auf. Kurze, performative Texte bildeten ihren
Auftritt. Ein Spruch, ein Bruch, Beinbruch. Aber Holla, Stützgewebe! „Ich bin
ein Puffer ohne Kartoffeln (...) bin dazwischen (...) zerstreue mich,
zerstreusle mich (...) bin Spurensucherin“. Im zweiten Text war sie dann ein
Tausendsassa, ein Hundertsassa, ein Bienenfresser, ein Hundertwasser, der Dunst
produziert. Im dritten der „common sense“ (mit ausgesprochenem e bei „sense“!).
Mit alles drüber. Macht alles gleich. Mit dir auch deinen Golfrasen glatt. Und
in den vierten Text durfte schließlich vom Publikum „interveniert“ werden: Ein
Mitmachtext, bei dem die Art des Mitmachens vom Publikum völlig frei gewählt
werden konnte (und auch dementsprechend gewählt wurde). Es ging jedenfalls um
den Errrnst. Und das meine ich jetzt errrnst. Das ist der Errrnst des Lebens.
Oh Errrnst: Errrnsthaft!
Nun ging es weiter mit dem errrnsthaften WALTER EGON,
der dem Publikum ein „Attentat“ anbot. Er bereitet sich nämlich grad auf den von
Diana Köhle diesen Freitag organisierten Singer-Songwriter-Slam vor und hat um
die 50 Lieder parat. Welches davon soll er wählen? Da muß das Publikum entscheiden.
Eh nicht zwischen allen fünfzig, sondern zwischen dreien. Soll es a) um die Friedensbringung
anstatt des ewigen Suchens und Kämpfens gehen oder b) um das Lächeln im Regen
(„Crowd of people always questioning’“) oder c) doch um ein Ikea-artiges
Mitmach-Selbstbaulied mit special effects und dem Refrain „shubshubshubidubidubdua“
(Versuch einer lautgetreuen Wiedergabe des Refrains durch den Autor dieser
Zeilen)? Tja, liebes Publikum, nun dürft ihr euch entscheiden...
...aber bitte auch nicht allzulange, denn gleich kommt eine
der wohl ältesten TeilnehmerInnen der fv-open-mic-Geschichte, aber gleichzeitig
sehr junggebliebene LORE MURBACHER auf die Bühne – nach u.a. einigen
Auftritten beim Slam B diesmal erstmals als Liedermacherin auftretend. Das
erste Lied sah das Alter bzw. „alte“ Menschen, als solche, die durchaus Spaß
haben, wehrte sich aber auch andererseits gegen veraltete erzwungene
Zwangsbräuche („Gib der Oma a Busserl!“). Das zweite Lied war dem türkischen
Friseur mit seinen sechs Kindern gewidmet, der diesmal keinen Tee zum schlafen
können gibt. Den Schluß ihres Auftritts bildete das Straßenbahnlied („In den
Kurven lan i mi fest an“). Von Hietzing bis Praterstern schlängelt sie sich
durch alle Kurven – samt sämtlichen Gestalten, die ihr den Platz anbieten bzw.
umfliegen, sodaß sie am Ende doch noch einen Platz ergattert.
Den letzten Startplatz ergattert hat diesmal MRIRI,
der mittlerweile nicht ganz unbekannte Kurztexte-Slammer, der mit Witzen
anfing: Erst schmeckte Einstein sein Steak nicht („Iiih, Kuh!“), dann wurden in
Italien Fäkalien gefunden – der DNA-Test ergab, daß es sich um den Da-Vinci-Kot
handelt. Pensionisten wurden mit Erdbeeren gekreuzt, der Großvater war ein
Metzger, nur der Romananfang klappte nicht so recht: Dem haargefärbten Kiffer
wurde sein Kopf leer. Ohne sein Gehirn wäre er aber sowieso tot. Beim
Nachdenken kommt man nämlich drauf: Planeten, Kosmos – alles unwichtig. Die
erste Liebesgeschichte war ein Annäherungsversuch: „Ich setz mich neben sie –
Fortsetzung folgt“. Die zweite spielte unter der Decke und beinhaltete so
manche Extremitäten. Und zum Abschluß wurde dem Nestroyplatz das N durch ein D
ersetzt.
Welcher Platz es denn nun auch ist – eines steht fest: Das
nächste farce vivendi open mic erleben wir gemeinsam am 18.
Februar ab 20:00. So traget diese Botschaft in die große weite Welt und
vor allem in eure Kalender ein! Denn dieses fv open mic wird ein ganz
besonderes:
- 7 Jahre farce vivendi open mic (Na ja, mit einer kleinen
statistischen Standardabweichung von 2 Tagen gegenüber dem allerersten fv open
mic, was aber innerhalb der Toleranzgrenze liegt)!
- Es wird das 40. fv open mic sein!
- Es wird das 40. von melamar organisierte und moderierte fv
open mic sein!
- Es wird das 20. vom Autor dieser Zeilen
mitorganisierte/mitmoderierte fv open mic sein!
- Es wird das 11. (Doppel-Einser!) fv open mic im Celeste
sein!
- Es wird der 83. Geburtstag der Literaturnobelpreisträgerin
Toni Morrison sein, der 82. von Miloš Forman, der 81. von Yoko Ono, der 76. von
István Szabó, der 60. von John Travolta, der 50. von Matt Dillon und der 43.
von Jimmy Kelly! Das müssen wir auf jeden Fall feiern...
- Es wird der 559. Todestag von Fra Angelico sein (über den
der Autor dieser Zeilen in der sechsten Klasse AHS mal ein Referat halten
mußte), der 468. von Martin Luther, der 450. von Michelangelo, der 427. von
Maria Stuart und der 207. von Marie Sophie von La Roche!
- Es wird der Nationalfeiertag von Gambia sein!
Also wenn das alles für euch keine fundamentalen Gründe
sind, um zum nächsten farce vivendi open mic zu kommen, dann versteh ich die
Welt echt nimmer. Bis zum 18. Februar also!