Das letzte farce vivendi open mic 2014 bildete
quantitativ wie qualitativ einen sehr würdigen Jahresabschluss. Mit 15 Auftretenden
(sehr abwechslungsreiche 11 literarische und 4 musikalische Darbietungen) – das
eisbrechende Moderationsduo nicht miteingerechnet – gab es die höchste
Teilnehmendenzahl seit über zwei Jahren.
Entgegen der ursprünglichen Planung kam als
Veranstaltungsort statt des Spektakel kurzfristig doch wieder einmal der
Celeste-Jazzkeller an die Reihe.
[Zur Info bezüglich Location: Grundsätzlich sollte es 2015
beim Spektakel bleiben. Im Fall technischer Probleme etc. ist es aber im
Notfall sehr praktisch bzw. ein großes Glück, anstatt die Veranstaltung absagen
zu müssen, nur zwei Häuser weiter einen (binnen nicht einmal einer Gehminute
erreichbaren) Alternativort zur Verfügung zu haben – wenngleich solche technischen
Notfälle wie diesmal 2015 wesentlich unwahrscheinlicher werden dürften, da das
Spektakel in ein paar Wochen nach langer Pause endlich wieder den Vollbetrieb
aufnehmen wird]
Nun aber zum Geschehen dieses letzten fv open mic 2014:
Im Anfang war die geworfene Münze. Sie wies ANDI PIANKA
den eisbrechenden Weg zum Mikro. Er „warb“ in seinem kritischen Text (ausgehend
vom Zitat eines ehemaligen deutschen Bundespräsidenten bei einem Afrika-Besuch)
für die hiesige Gastfreundschaft. Ob der Luxus im 5-Sterne-Kurort Traiskirchen,
das temperamentvolle Agieren der Polizei oder der Vorteil des nicht arbeiten Müssens
– unserem Gästekonglomerat soll es an nichts mangeln.
Als Startnummer 1 wurde JAZMIN DEL CAMPO gezogen.
Einem „Aufwärmtext“, der sich sprachspielerisch mit der Frage „Wer bist du?“
beschäftigte, folgte ein vom „kleinen Ich-bin-Ich“ inspirierter über innere
Zwiegespräche. Nein? Ja? Schreib einmal! Und (nach einem Umdrehen der Seite): „Die Wörter haben auch
einen Wortlaut“. Schließlich melden sich auch noch Gehirn, Füße, Popo zu Wort.
Im letzten Text ging es dann um das Wollen des Wollens.
Zwar schon bühnenerfahren, aber erstmals beim fv open mic
trat (samt Gesang und Gitarre) JULIA SANTINI auf. Ihr Song „Overpower
Me“, handelte vom (wieder) alleine sein („Now I’m sitting here again alone“),
Sehnsüchten und einem brennenden Feuer: Touch me, give me a fire please! Denn: I’m sick of be sick. Und
deswegen: Burn me down! Und anstatt einer gewünschten Zugabe gab es ihre
Ankündigung, bald zum fv open mic wiederzukommen.
Auch PAVEL feierte seine fv-open-mic-Premiere. Einem
Gedicht über Umkehr und Heimkehr auf grauer See folgte eine dunkle Verführung
in zarter Dunkelheit. Im dritten (einem persönlichen) Gedicht legte er seinen
Kopf an ihren warmen Busen. Doch nach dem Aufwachen war die Geliebte fort und
im Spiegel sah er einen 100jährigen mit Todesmaske. Und um nicht allzu
depressiv zu enden, folgte noch ein viertes Gedicht über die Leichtigkeit.
Die Debütanten-Serie setzte XILI fort, der ohne Sinn,
mit viel Spaß, nicht ohne Plan verplant ist. Er meinte, Frieden (und nicht
Krieg) wäre in jedem, dadurch ließen sich Mauern fallen. Wichtig wäre es, positiv
zu formulieren: (auch wenn es nicht am Textblatt stand) Ja! Ja! Ja! Was sonst
noch vorkam: Ein Kuli im richtigen Augenblick zum Schreiben, die (wenn Bildung
Freiheit ist) Ausbildung als Ausfreiheit und ein Märchen („Es war einmal ein
Energiefunke“).
Nicht zum ersten Mal dabei war wALTEREGOn mit
Gitarre und zwei Liedern. Das erste handelte vom Loslassen, verbildlicht durch
ein Schiff, das seinen Hafen verlässt: Komm, wir fahren raus – um mit den Ungeheuern
einen Joint zu rauchen. Das zweite, ein Liebeslied, widmete er dem Christkind. Es
ging (Zucker drüber streuend) um den (Beweg)Grund für die Veränderung zwischen
früher und jetzt: Weil der Teil, der dich erkennt, in mir noch schlief.
THOMAS MAYER (ausnahmsweise nicht als Erster gezogen)
stellte sich in seinem ersten Beitrag den an seiner Tür läutenden Zeugen
Jehovas als Gott vor. Warum solle er also mit ihnen über sich nachdenken, wo er
doch die Welt erschuf: „Was, ihr zweifelt an mir?“ Im zweiten Text begann der
Lurch zu sprechen, worauf der Autor ihn und das Spinnennetz über seinem Bett mit
dem Besen wegfegte. Und Text Nr.3 erzählte vom schüchternen neuen Jahr.
Als letzter vor der Pause kam WOLF MORRISON samt
Keyboard und dem berühmten Doctor Mouse auf die Bühne. Es wurde weihnachtlich: Zusammen
mit seiner ersten Liebe, die ihm (als er 14 war) die Tür im Pyjama öffnete,
schmückte er erst den Christbaum, dann hörten sie gemeinsam im Radio Weihnachtslieder.
Auf diesen eigenen englischsprachigen Song folgte noch eine Instrumentalversion
des Klassikers „Joy to the World“ und dann die Pause...
...nach der es mit dem zweiten Brechen des Eises, also mit MELAMAR
weiterging. Auf einen älteren Text mit dem Titel „Wendezeit“, in dem ein von
einer Kakerlake heimgesuchter DJ aufgefordert wird, doch mehr Vinyl aufzulegen,
folgten viele kurze neue, von denen sie einige eigens zu Bildern des Malers
Kan-Boris Kamhi schrieb – u.a. über das Muss des Berufenen, das ihn zum inneren
Lachen führt, oder über die Lebendigkeit der Farbe Rot.
Vier Gedichte brachte GERHARD mit: Zeitalter des Herzens
(handelte von einer zukünftigen besseren Zeit), Ode an die Traurigkeit („Ich
werd dich nicht vermissen (...) Ohne sie lebt man befreiter“), Ich bin gegen (nämlich
u.a. gegen nicht hilfreiche Ideale, die verraten werden, gegen Konzerne,
Konkurrenz, Kostenwahn, aber für die Unterstützung) sowie Wurm im Sturm (über
existenzielle Probleme des Regenwurmes im Schnabel einer Amsel). So wie er...
...war auch ALEPH das erste Mal dabei. An die Existenz
knüpfte sie gleich an, nämlich die des Kreises, der sie nicht verneint. Ein sich
ausdehnender trostloser Augenblick, in dem das Gewebe zerrissen bleibt, doch
das Fleisch wieder warm wird, war Thema ihres zweiten Gedichts. Im dritten verfestigte
sich das Gewirr („Der Griff erstreckt sich in die Weiten, die ich nicht
ergreifen kann“), bis dann im letzten Text im zeitleeren Raum der Traum
zerbrach.
ANGELA setzte sich in einem (von Xavier Naidoo und
Curse inspirierten) Text mit der Frage auseinander, ob sie schon Kinder hätte.
Das wüsste sie auch gern. Denn sie wurden ihr noch vor deren Zeugung von
Wissenschaftlern geraubt und verkauft –> „Jetzt steh ich allein“. Diesem
folgte ein Text über ihre Erfahrungen als 7 Tage in der Woche suchender Websingle:
Aus 20 und schick wurde 40 und dick. Erkenntnis: Hier gibt’s Singles, die nicht
solo sind.
Sechste fv-open-mic-Debütantin des Abends (kommt auch nicht
alle Tage vor) war TIA, die überhaupt ihre „allererste Premiere“ auf der
Bühne und den kürzesten Auftritt des Abends hatte. Aus ihrer 10-Punkte-Liste
mit Dingen, die man im Leben tun sollte, ließ sie das Publikum (vorläufig, aber
wir hoffen, sie kommt wieder) nur am ersten teilhaben – ein „I love you“,
ergänzt um wichtige Dinge im Leben (z.B.: sharing is gold... make a gift...
take care...).
In Glitzer fragte MICHAELA HINTERLEITNER, ob sie politisch
oder romantisch werden soll – das Publikum wollte beides. Im politischen Teil
ging es um Wachsamkeit: Dem nachspüren, was vorkommt. Die Augen, die trauen
ihren Augen nicht.Wir haben nicht genug hingesehen auf das Kommende, das
Verkommende. Nach einem würmlerischen Wiedergeburt-Text wurde sie schließlich nicht
romantisch: Bitte berühr mich nicht, aber pack mich!
Ein Stammgast auf fv-open-mic-Bühnen ist (ob musikalisch,
literarisch oder kabarettistisch) schon seit Jahren STEFAN PETER.
Diesmal ging es – passend zur Jahreszeit – um eine Adventfeier in einem oberösterreichisches
Altersheim, zu welcher der Zivi Kekse mit (THC-haltiger) „Spezialwürz’n“
mitbringt, worauf die dort wohnenden älteren Damen (u.a. „die oide Liesl“ oder
die Herta) völlig ausflippen. „Selten so einen spasserten Adventdienst erlebt“.
„Endlich“ kam auch GEORG HARLEKIN dran, mit neuen
Gedichten (aber, wie üblich, deren drei an der Zahl). Eine verbesserte
Wirklichkeit als Möglichkeit mit Reset und Neustart bildete den Anfang. Es
folgte die Frage: Wer ist Emo? „Sie!“, war die Antwort, mit ihrem vollen Namen
die auf Orgelpfeifen spielende Emotion (Emo = Energie, Motivation, OM). Auch
das letzte Gedicht begann mit einer Frage: Was täten wir Männer ohne euch
Frauen?
Der Abschluss und Ausklang des Abends war ein musikalischer.
RAFAEL spielte ein Lied für seinen kranken Cousin: Tee. Mogst no an Tee
trinken? Ganz krank liegt er da auf der Couch. Mit an bisschen an Honig?
Schmelzen tut er. Magst a paar Vitamine? Das zweite, improvisierte Lied war
dann eines „für die Traudl“, die Sonne in seinem Herzen, mit der er überall hin
möchte, sogar ins Theater. Selbst in der legendären REM-Phase sieht er sie.
Nun war es vorbei, das letzte farce vivendi open mic des
Jahres 2014. Ein Abend, der nicht nur künstlerisch sehenswert war, sondern auch
gleich im praktischen Alltag Georg Harlekins Worte von der verbessserten
Wirklichkeit als Möglichkeit umsetzte und eine scheinbar nicht vorhandene
Barrierefreiheit für einen Besucher mit vereinten Kräften in eine vorhandene
umwandeln konnte.
Ein Dank an dieser Stelle an Das Fröhliche Wohnzimmer, das
uns Bücher aus seiner Edition zur Verfügung stellte, von welchen (wie schon im
November) alle Auftretenden jeweils eines mit nach Hause nehmen konnten, als
zweite Belohnung neben dem üblichen Freigetränk.
Eine kurze Statistik zum Jahresausklang: Bei den 10 fv open
mics des Jahres 2014 sahen wir insgesamt 109 Auftritte (also im Schnitt 10,9
pro Abend) von 53 verschiedenen KünstlerInnen (bzw. inklusive des Moderationsduos
lauten die diesbezüglichen Zahlen 129 und 55).
Mit hoher Wahrscheinlichkeit sehen wir uns am 20. Jänner
2015 wieder. Da dieser Termin aber noch nicht fix bestätigt ist (sollte
allerdings innerhalb der nächsten paar Tage passieren), wollen wir ihn auch
noch nicht offiziell verkünden. Einfach nach Weihnachten mal wieder in unseren
Blog reinschauen bzw. bekommen alle, die auf unseren Mailinglisten stehen,
natürlich dann im Jänner die Info auch per Mail. Bis dahin...
...auf ein kreatives 2015!