Das FARCE VIVENDI OPEN MIC feierte Mehrfachjubiläum – und
sowohl Teilnehmende als auch Publikümer strömten in großer Menge herbei.
ANDI PIANKA und die jegliche Wahrscheinlichkeitsrechnung
ignorierenden Münzen, welche die Reihenfolge der beiden EisbrecherInnen
bestimmen, leben zur Zeit in keiner Liebesbeziehung miteinander. So musste er
auch diesmal den Anfang machen. Er widmete sich in seinem Text den am WeltKriegReloaded-Ball
alleswalzernden Burschenschaftern in der Hofburg.
Die erste eigentliche Teilnehmerin war dann AÑA (erfolgreiche
Neo-Slammerin und erstmals beim fv open mic dabei), die ihren Text zwei
Freundinnen und sich selber widmete. Es ging um das neue Schönheitsideal. Du
hast dich in meinen Kopf eingeschlichen, mit falschen Idealen tapeziert. Zucker
und Fett wurden zu Fremdwörtern gemacht. Dabei weiß doch jedes Kind, dass in
Wasser 0,000 Kalorien sind. Es ist wie eine Sucht. Mensch, Mädchen, wovon
träumst du nur? In den Zeitungen steht ganz fett drin (welch Ironie):
Dünn sein! Doch Añas Botschaft an alle Pro-Anas lautet: „Kann heißt nicht muss!“
Als Antwort drauf brachte JOPA keine Kochrezepte. Ob
Stechaugäpfel mit Zimt und Zucker, der Augapfelstrudel aus geschälten
Augäpfeln, das aus den Augenhöhlen entnommene Augapfelmus – kein Auge blieb bei
jopas Ausführungen trocken bzw. verschont. Auch nicht der Augenaufschlag (wie
Erdbeeren auf Schlag). Jenseits der Augen ging es dann mit gebackenen (Computer-)Mäusen
(„Der Teig bekommt Stock und Hut und geht nun eine Weile“) und Faschokrapfen
(mit faschierten Faschisten, die nach dem Backen von links zu befüllen sind)
weiter, ehe schlußendlich jopa auch sein Hirn kochte.
MICHAELA HINTERLEITNER rief alle fröhlichen Hühner auf die
Bühne (worauf das erste und an diesem Abend auch nicht letzte Mal menschliche
Requisiten einen Auftritt begleiteten). Es ging um Lichtblitze, die an grauen
Tagen durch Wolken zur Erde zischen. Tropf, tropf, tropf. Where I stand around the corner of your mind? Dann
widmete sie sich dem Thema Wiedergeburt (zum Beispiel als Wurm). Den Schlußpunkt setzte Peter Pan:
When you wake in the night? When you’re flyin’ in the night?
Ihr folgte JAZMIN DEL CAMPO, die von ihrer argentinischen
Heimat, in der sie vor kurzem war, erzählte. Geboren sei sie in einem Land,
dessen Kultur wegradiert wurde. Keiner weiß von was. Es ging um
Großkapitalisten mit kommunistischem Hintergrund und eine Art „Großchina“.
Jeder Buchstabe wird fast religiös verehrt. In ihrem zweiten Text wurde ein „du
glaubst, was du glaubst...“ durch das Geräusch der Umgebung dividiert, mit der
Quadratwurzel der jetzigen Trends multipliziert etc.
Als Einlage zwischen den Texten erzählte P.P., die auf die
Bühne mitkam, Lustiges über Schokolade: Ich hab sie verdrückt – nun bin ich
verrückt!
Erstmals dabei war MARTIN, der in seiner Tiroler
Heimatsprache redete (auch er mit menschlicher Requisite neben sich, nämlich
Concerto Crystall). Martin improvisierte: Klatschen für alle. Hauptsächlich
setzte er sich (nicht als erster und nicht als letzter an diesem Abend) mit dem
Tod auseinander. Wie würde er gern sterben? Im Altersheim am Klo beim scheißen.
Männer seien übrigens sehr stolz auf ihre Exkremente, weil sie damit ihren Neid
auf die Fähigkeit der Frauen, Kinder zu gebären, kompensieren. Schließlich
meinte Martin, sich bei den Hell’s Angels als Kassier bewerben zu wollen („Wie
ehrenhaft muss es sein?“)
Als letzte vor der Pause traten WOLF MORRISON und....nein,
ausnahmsweise kein menschliches Requisit, sondern seine Gitarre auf. Sein
erstes Lied handelte von Toleranz. Sie spucken aus vor dir auf der Straß’n. Du
bist allein, g’hörst ned dazu. Wos is denn des für a Stadt? Du bleibst
weiterhin ausgegrenzt und ausg’stossn. Das zweite Lied war ursprünglich für ein
Kabarettprogramm geschrieben. Es
ging um einen „Lonesome rider“: Riding against the wind, there is no chance for
me to stop. It is my destiny to ride alone.
Der folgende Auftritt gehörte der Pause.
Eisbrecherin Nummer 2 war MELAMAR. Da es an dem Abend einige
Male um das Thema Tod ging, las sie Texte zweier leider bereits verstorbener
früherer fv-open-mic-Teilnehmer: Zuerst ein Gedicht bzw. eigentlich Wiegenlied
von ILIJA JOVANOVIĆ: Schlaf, Müdes, schlaf! Meine Liebe ist der sanfte Wind.
Dem folgte ein sehr politisches Gedicht von MIKE AUSTIN, einem waschechten
Cherokee-Indianer aus Linz: If the creeks don’t rise......God damn you America!
Schließlich gab es auch eigenes von melamar zu hören. Da ging es um den Gott
der Kopfläuse (der meint: Macht euch die Menschen untertan!) und um die
Entwicklung von Wort zu Satz zu noch mehr. Doch am Anfang war das Wort.
Schon in der ersten Hälfte begleitend aufgetreten, kam nun
CONCERTO CRYSTALL zu seinem „eigentlichen“ Auftritt. Erst mit einem kurzen
Gedicht: Leistung ist des Menschen einziges Kapital. Begleitet von Walter Egon
auf der Gitarre (zu ihm dann später) setzte er überaus bluesig fort und
kreierte dabei das Wort des Tages: Blues-Bim-Slam! Er pfercht sich in die
U-Bahn, neben ihm ein schönes Dirndl. Und sie sagt: Fahrscheine bitte! I denk
mi, i lad’s ein. Heute wird ein guater Tag. Doch dann steht auch noch der
Postler mit einem Brief vor der Tür, weil ihn die Mistelbacher deppert geblitzt
haben. Oftmal hab i a Pech,
oftmal hab i a Glück. Schulden bei der Bank hab i sowieso.
Nach ihm trat GEORG HARLEKIN auf. „Einfach jeder“ hieß es in
seinem ersten Text. Jeder, einfach jeder hat seine Geschichte. Fühlt sich an
wie Leder. In der stillen Nacht hatten Zinnsoldaten ihre Wacht. Eine kleine Mahnung
war das zweite Gedicht, das von Mutters gutem Kuchen handelte. Und: Macht Lolas
Beispiel Schule, weil sie schneller rennt. Zum dritten Text gesellte sich ein
Darth-Vader-ähnlich verkleideter (beim Open Mic durchaus erlaubt – außerdem ist
zur Zeit ohnehin Fasching) WALTER EGON hinzu: Wer oder was ist abgestürzt? Ich
bin das Ungewisse und genieße deine Angst. Macht es gut, ihr Großohrhasen!
Sogleich und nahtlos wurde der vom Teufel hergesandte Walter Egon vom Neben-
zum Hauptakteur. Es gibt noch viel zu tun – und nahm sich ein kleines bißchen
Ehrgeiz. Noch eine kleine Prise Größenwahn und mein Auftrag ist getan.
Es ging weiter mit einem seit kurzem schon fast Stammgast
seienden Auftretenden des fv open mic, nämlich MIKE (und seiner Gitarre). Mike
sang nach einer Neuversion eines bereits vertrauten englischsprachigen Liedes
über den Zustand der Erde ein zweites, deutschsprachiges: I kenn den Tod
persönlich. Seitdem is mei Leben zum Speib’n. Vü Zeit hab i vergeudet, doch
gestern hat mir a Engerl die Lösung dafür gesagt: Gib deinem Leben Hoffnung! I
mecht mi wieda freu’n. Und zur Entspannung durfte Mike auf der Bühne eine
Massage genießen.
Bei fv open mics in Feile und Werk öfters mit dabei, nun das
erste Mal im Celeste war OSKAR: Lang is her. Hallo Welt, ich bin 16 Jahr’!
Wobei er damals im Krieg, also im Punischen, zu den Karthagern gehalten hätte.
Und vor dem Urknall hat er sei Ruh gehabt. Vielleicht, wenn er stirbt, wird es
wieder so sein wie vor dem Urknall. Doch Oskar weiß, wie der Tod nackert
ausschaut. Die Welt is so unfair! Sieben mal vierzig ist zweihundertachzig. Andi,
hol die Peitsche raus! Ja und ja – es geht uns gut.
Aufgrund einer wichtigen GV (Generalversammlung und nicht
Geschlechtsverkehr!) verspätet, aber dennoch rechtzeitig angekommen war der
wohl häufigsten Teilnehmer in der fv-open-mic-Geschichte, nämlich CHRISTIAN
„SCHREIBI“ SCHREIBMÜLLER. Er hatte was von einem „Marquis de la Silhouette“
gehört. In seinem ersten Text ging es dann um’s Rülpsen ins dreckige WC. Im
Magen stechen dich Hornissen. Dich mag auch nur einer leiden. Im zweiten
Gedicht unterhielten sich zwei ältere sexistische Herren über Frauen: Warum wir
Frauen also hassen? Nun, wir können sie nicht lassen. Und schließlich im
dritten Text wollte er seine Oide pack’n, die Elvis Presley und Eisenhower
verdroschen hätte.
Von der selben GV kam auch JIMI LEND (sowie im Anhang auch
noch weitere AutorInnen, die sich aber auf ein Publikumsdasein beschränkten).
Jimi war ein Freedom Fighter – und so weiter. Die Gewinner sind immer die
selben, nach ihnen werden die Normen geeicht. Sein altes Auge zuckte schon zum
Beat. Verwesung, Stillstand, Hundertschaften von Netzwerkmeckerern waren
weitere Themen seines Auftritts. Deppen, die im System stecken. Wie steht’s mit
dem Einzelnen, der sich selbst genug liebt?
Zum Abschluss dieser Jubiläumsveranstaltung betrat JONOPONO
die Bühne. Auch sie bat Grillhendln zur Begleitung auf die Bühne (siehe
Michaela Hinterleitner in Hälfte 1). Sie sang: Ich liebe mich. Ich bin so gerne
voll gestresst. Ich stehe sowieso auf Schmerz. Ich lass mich gerne nicht
entlohnen. Ich leb so gern in diesem Land. Und wenn ich einmal nicht mehr kann,
dann sauf ich mich ganz schrecklich an. Ihr zweites Lied erklärte (in Form
einer Kritik an den heutigen industriellen Lebensmittelerzeugungsprozessen) das
Leben für Kinder von 4 bis 8: Erst kommt der Regen, dann kommt das Leben, dann
kommt die Sonne, dann kommen Lieder. Der Bauer auf dem Felde wär der Retter
dieser Welt. Doch die Kinder in den Städten haben nie ein Huhn gesehen. Erst
kommt kein Regen, dann kommt kein Leben. Nun verwesen die Bäuerinnen.
Das moderierende Duo machte (unter Beihilfe einiger
Mitanwesender) kurz noch Werbung für einige Veranstaltungen der nächsten Zeit,
bedankte und verabschiedete sich bis zum nächsten Mal, welches (unbedingt in
den Kalender eintragen!) am 18. März stattfindet. Da laut einer unlängst
erschienenen Studie GV’s (Geschlechtsverkehre, nicht Generalversammlungen) am
häufigsten um 19:37 passieren, lassen wir euch das Vergnügen davor und fangen
mit unserem Vergnügen für euch erst (oder schon?) um 20:00 an. Rechtzeitiges
Kommen (ob beim GV oder beim fv open mic) durchaus erwünscht, damit wir relativ
pünktlich loslegen können, aber es sind Nachanmeldungen in der Pause auch nicht
verboten.
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