Es war der dritte Dienstag des Novembers, ergo war wieder FARCE
VIVENDI OPEN MIC. Während am selben Abend so manche Fußballfans (jene von
Frankreich, Portugal, Kroatien, Griechenland, Algerien und Ghana) die gelungene
Qualifikation ihrer Teams für die nächstjährige Fußball-WM bejubeln durften,
brandete auch im CELESTE Jubel über so manche Darbietung auf, die zum
Teil auch in Zugabewünsche mündete. Doch alles schön der Reihe nach...
ANDI PIANKA half seine ein paar Stunden zuvor auf der
MaHü-FuZo gefundene 5-Forint-Münze auch nicht. Sie fiel statt auf Zahl auf den
Vogel. Das Münzpech blieb ihm also treu und so mußte er zum gefühlten 37. Mal
in diesem Jahr beim FV open mic den Eisbrecher machen. Er tat es zuerst mit
einer wenige Stunden zuvor geschriebenen lyrischen Antwort auf die von ihm
Stunden zuvor gelesene Adventkranz-Beschreibung „Dabei werden so viele
Kerzen aufgestellt, wie der Advent Tage hat“ (Originalzitat aus einer
Gratiszeitung vom 19.11.2013). Dem ließ er eine weitere Antwort folgen, nämlich
auf den Maya-Kalender den Müller-Kalender.
Auf den Eisbrecher folgte die von einer Glücksfee*) gezogene
Startnummer 1, nämlich mit STEFAN PETER einer unserer bereits
„alteingesessenen“ Stammgäste. Ohne ein Wort Spanisch zu können, sang und
spielte er den Lambada (freilich, ohne ihn auch zu tanzen), den er einstmals
von bolivianischen Straßenmusikern erlernt hatte. Als zweites Lied folgte eine
Eigenkomposition, nämlich die Herrgottsliab. Wann du willst, kriagst es Herz
von mir. Alles, was da wünschst.**)
*) Laut der überaus berühmten und anerkannten Linguistin
melamar handelt es sich bei „Glücksfee“ um ein genusneutrales Nomen, welches
keinen maskulinen Gegenpart à la „Glücksfähnrich“ benötigt.
**) Dem Autor dieser Zeilen sei die vielleicht nicht ganz
korrekte Transkription dieser beiden dialektalen Sätze bitte verziehen.
Auch bereits ein Stammgast ist GEORG HARLEKIN. Seiner
Texte waren (nicht das erste Mal) genau drei an der Zahl. Gedankenversunken
lernt er ständig dazu und geht unter den Laternen. In dieser Obstschüssel da
drüben, da liegt Vieles. Dann sinierte er ungeniert über Hoffnung und
Unbekümmertheit. Jetzt und heute sind wir Leute. Du bist das Resultat eines
göttlichen Gedankens – Wow, echt? Im dritten Text durften wir dann unser
Gewicht spüren. Aus Sternenstaub sind wir gemacht. Da öffnet sich eine Türe,
nein, ein großes Tor.
Das Tor ward somit geöffnet für den dritten Auftretenden,
nämlich für den erstmalig bei einem FV open mic auftretenden WALTER EGON.
Er und seine Gitarre brachten zwei Songs dar. Der erste war ein „Blues for Peace“: We are
searching like eagles, we are finding like dogs and cats. Und immer wieder
“Give us peace!”, denn: There’s a question and an answer. Im zweiten Lied war’s
der Regen, der fiel. The rain, the rain, the rain is falling down. Aber: When
you smile....Shine on bright!
Die Rolle des Omega (der ersten Hälfte) und Alpha (der
zweiten Hälfte) übernahm MELAMAR. Im Omega-Teil gab es Gedichte, in
denen es z.B. um die Frage ging, ob eine kopflose Münze denn Metapher oder
Allegorie wäre. Es folgte eine Auseinandersetzung mit automatischen
Rechtschreibkorrekturen. Als nächstes eine 02:09-Uhrzeit, die als 2 Euro und 9
Cent abgelesen wurde. Daraufhin die Frage, wieso ein Text zusammenhängend und
nicht sich aufhängend sein soll. Die Wendezeit hatte das Asyl als Thema. Und
bei der mißglückten Liebe hieß es schlußendlich: „Du bist der Apfel, ich bin
der Wurm“.
Zwischen Omega und Alpha war natürlich eine Pause nötig, um
das Alphabet wieder an seinen Anfang zu drehen (und sich getränkemäßig zu
versorgen). Da die Zahl der Nachanmeldungen in der Pause unterhalb des
sonstigen Schnitts lag, hatten alle Auftretenden der ersten Hälfte diesmal das
Glück, auch noch ein zweites Mal auf der Bühne stehen zu können. Doch zuerst
kam das Alpha...
MELAMAR brachte ein ganzes Feuerwerk an
Kurzgedichten. Auf den Vorsatz und den Dialog folgte die Frage, wieso sich
Polizei auf Prügelei reimt. Meditation, Selbstbetrug, Talent und Vernunft waren
die Themen der folgenden Texte. Der Wiederbegegnung von Finger und Flamme
folgte die schlimmste aller Allergien, nämlich die Redundanzintoleranz. Mit dem
synästhetischen Alltag und einer Bühnenweisheit ging es weiter. Mit Worten, die
sich um Gedanken ranken. Mit der Bitte des Textes an die Autorin, ihn atmen zu
lassen. Und schlußendlich mit dem verpaßten Blind Date.
Das Los zog (nein, wurde gezogen) ALICE REICHMANN,
also den einzigen Pausen-Neuzugang, als Nummer 1 der zweiten Halbzeit. Direkt
von einer Sitzung mit der Mama gekommen, begann sie mit einem vor 10 Jahren geschriebenen
Text, der u.a. von einer Ungeduld, einer Panik, einer Nervosität, einer Unruhe
handelte. 10 Jahre später wurde es „noch einmal Zeit“: Du hast so viele
Gesichter. Und kurze Zeit später kam der Sturzflug in die Vogelperspektive: Sag
ma afach nur ja oder na. Dei Hologramm verliert die Farb in meiner Imagination.
Den Schlußpunkt ihres Auftritts bildete da Koffer von da Gitarr’ am
Neubaugasse-Flohmarkt.
Nun zog das Los GEORG HARLEKIN. Es waren zwar wieder
drei Texte, diesmal jedoch auswendig performt. Über die Demut: Was hab ich
gemacht? Kann es sein, du bist in Abendkleidung? Dann ging es um die Garben der
Narben. Vorantreiben, warten auf den Tod, ausgetrocknet sind die Flüsse in der
Wiege der Verlorenheit. Der letzte Text war an den Wind gerichtet: Oh Wind, vom
Leben getreten, vom Leid geliebt – was trägst du heimlich? Getrübter
Augenschein. Du, der Wind, welch ein Genie!
STEFAN PETER trat beim zweiten Mal ohne Gitarre auf.
Es ging in seiner Textcollage um den schönen Sigismund. Denn was war schon
Woodstock (oder Wutstock?). Mir in Holzhausen heißen genauso und hob’n des
jedes Jahr, z.B. den Fredi mit sei Dschingis-Khan-Kombo. Da kann die Tante am
Telefon über das Akademikergsindl schimpfen (Das ist wie ein Virus, so ein
Titel!), anstatt sich mit ihrer Sabine über die Promotion zu freuen. Denn sie
selber konnte aufgrund von „proletaris generitis“ leider nicht studieren. Da
muß die Frau Bachelor im Fernsehstudio dann die Frage beantworten, was der
Sigismund dafür kann.
Auch WALTER EGON kam zu einem zweiten Auftritt. Er
versuchte, das Publikum zu einem Mitmachlied zu animieren. Ein Chor und
„special effects“ (ein schreiendes Baby, das legendäre Zitat „Houston, wir
haben ein Problem!“ und ein engelhaftes Hallelujah wären verlangt gewesen)
sollten seine Begleitung sein. Leider setzten die meisten Mitwirkenden (eher an die
siebenfache Wiederholung des Refrains denkend) an der falschen Stelle ein.
Nichtsdestotrotz wurde das Lied zu einem erfolgreichen Ende gebracht. Es ging
übrigens um Keinen für Renate – und das von der Geburtsklinik bis zum Himmel.
Das Publikum verlangte nach Zugaben, es folgten zwei englischsprachige, wovon
der Satz „We bring joy“ aus der ersten sehr prägend war.
Spontan verlangten daraufhin Teile des Publikums eine Zugabe
von STEFAN PETER. Diese wurde ihm natürlich gewährt. Die
Selbstmordberatung Toni war am Apparat. Am anderen Ende der Leitung Menschen,
die ihren Selbstmord nicht schafften (selbst ein Mafia-Pate befand sich
darunter). Weil der Strick beim Erhängen gerissen war (da wäre die Stricklänge
und –dicke schon von Bedeutung) und das Fenster beim Raussturzwunsch
verschlossen. Und am in der Garage entzündeten Benzin verreckte bloß die
Schwiegermutter. Ach, wie gut, daß es das AMS gibt, das Jobs im Callcenter der
Selbstmordberatung Toni anbietet...
Das Omega der zweiten Hälfte und somit des Abends bildete ANDI
PIANKA. „Ich möchte schreiben“ war das Thema dieses sehr persönlichen und
von ihm sonst sehr selten gelesenen Textes, der Vergangenheit, Gegenwart und
Zukunft behandelte. Den Abschluß bildeten einige selbst erfundene und erdichtete Bauernregeln.
Es war wieder einmal ein literarisch (und musikalisch)
hochqualitativer Abend in sehr netter Stimmung und Atmosphäre. Das nächste Mal
sehen wir uns hoffentlich wieder am 17. Dezember.
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